Gedanken nach einer Lesung:
Jeder Mensch will DAZU-gehören. Zu einer Familie, zu einem Partner, zu einer Freundesgruppe, Arbeits- oder Berufskollegen, Verein, Religionsgemeinschaft. Das ist unsere soziale Kultur. Auch unser Wohnort, unser Viertel unsere Heimat hat eine Bedeutung für uns und muss gepflegt werden. Durch die Globalisierung in unserer Welt sind wir oft entwurzelt. In einer vertrauten Runde können wir uns sicher fühlen. In Rituale und Regeln fühlen wir uns aufgehoben. Alles was uns fremd ist, neu ist, macht uns unsicher, eventuell Stress, weil wir nicht wissen, was uns erwartet. Es gibt innere und äußere Stressoren. Diese sind individuell und somit ganz unterschiedlich.
Wir müssen uns gut kennen und damit unsere Persönlichkeitsstruktur. Welche Reaktionsmöglichkeiten haben wir (Kinn und Kiefer, Ohren anschauen). Welchen inneren Halt haben wir, in welchem Milieu sind wir aufgewachsen. Haben wir Hilfe im Elternhaus erfahren. Eine gesunde Selbstentfaltung wir ermöglicht durch Selbsterkenntnis und ein DU (Stirn), in der Resonanz, der Auseinandersetzung. Ein Selbst braucht die Spiegelung, Bestätigung – ICH BIN OKAY, DU BIST OKAY. Dabei sind Verzerrungen unvermeidlich.
Die Lehre der Physiognomik ist dafür sehr dienlich. Wir müssen uns vermeintlich schützen vor Verletzungen, Zweifeln, Fehldeutungen im Alltag. Aber der Alltag ist für uns kein Schlachtfeld, deshalb fechten wir meist einen inneren Krieg mit uns aus. Wer bin ich? Was will ich? Was kann ich? Wir quälen uns, wenn unser Lebensrucksack falsch gepackt ist. Wenn uns die Luft zum Leben genommen wurde durch einen schlechten Start ins Leben.
Wenn wir nicht berührt worden sind. Ernährungsstörungen, Berührungs-sehnsucht, Schuldgefühle, Depression können Folgen sein. Kränkungen und Krankheiten liegen dicht beieinander. Kopfschmerz kann z.B. auch ein Gefühlsstau sein. Ohnmacht, Wut – was steckt hinter diesen Gefühlen. Wenn unsere Selbstentfaltung eingeschränkt wurde, in die Schranken gewiesen, so erleben wir Minderwertigkeitsgefühle.
Ich bin nicht liebenswert! Auch ein Partner kann diese elterliche Lieblosigkeit nicht ersetzen. Unsere Eltern haben sich sicherlich bemüht. Haben nur das Beste für uns gewollt. Was war oder ist das Beste? Darüber definieren wir unseren eigenen Wert. Wenn wir in der Kindheit mit Forderungen und Erwartungen geprägt wurden, gehorsam waren, wie kann sich ein gesunder Selbstwert entwickeln. Liebesentzug, Wunscherfüllung der Eltern – alles nimmt uns Kraft. Es allen recht machen zu wollen führt dazu, nicht zu wissen, wer man ist, was man will. Gehorsam schüchtert uns auch ein. Wir waren eine zarte Pflanze, die gehegt und gepflegt werden musste. Haben wir diese Pflege erhalten, oder haben wir verdorrte Teile in uns?
Wir brauchen immer Nahrung, ich nenne es gern geistiges Brot, ein Übungsfeld, ein Du. Und wir brauchen soziale Unterstützung. Kontakte und Kommunikation. Wir müssen uns in der heutigen Zeit durchsetzen, uns behaupten, erfolgreich konkurrieren, schneller cleverer sein. Sich gut verkaufen, alle Tricks kennen, wie wir andere ausstechen und benutzen können. Deshalb müssen wir viel mehr in ein Miteinander kommen. Schauen, was hat mein Gegenüber für Potenziale, als immer nur in den Schattenseiten zu wühlen.
In der Arbeit mit der Lehre der Physiognomik habe ich die Erfahrung gemacht, wenn sich mein Gegenüber besser versteht, kann ein Umdenken erfolgen. Mehr Zufriedenheit kommt ins System und damit vielleicht auch Glücksmomente. Ein besseres Selbstverständnis ermöglicht Entspannung auch in Beziehungen zu anderen Menschen. „Leider“ müssen wir bei uns selbst anfangen. All dies braucht Raum und Zeit. Wir müssen schauen, wo unsere Glückmomente sind. Alles, was sich nach außen orientiert – Geld, besitz, Macht und Ruhm – ist uns das wichtig. Oder ist es, was sich aus unserer inneren Wahrnehmung erschließt – Resonanz, Echtheit, Spiritualität für uns wichtig?